Start KULTUR-SPORT Schauspielhaus: Nummer sicher statt großer Wurf.

Schauspielhaus: Nummer sicher statt großer Wurf.

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Das soll also nach monatelanger Sucherei der große Wurf sein? Das Schauspielhaus als kulturelles Flaggschiff Bochums braucht eine kreative Intendanz, die das Renommee des Hauses weiter fortführt, aber auch neue Ideen mitbringt. Mit dem Niederländer Johan Simons kommt zweifellos ein Theatermacher, der sich einen Namen gemacht hat und einige Theaterpreise im Gepäck hat. Vielleicht mag man Simons sogar zugestehen, dass er ein ‘Wilder’ ist, ein ‘junger Wilder’ ist er zweifellos nicht. Wenn er seine Intendanz antritt, wird er 72 Jahre alt sein, bis zum 77. Lebensjahr soll er das Schauspielhaus führen. Da wird sich erweisen müssen, ob er nötigen Schwung über die ganze Zeit hochhalten kann. Eine Personalentscheidung, die in die Zukunft weist, ist der Beschluss sicherlich nicht.

Unglücklich ist jedenfalls auch, wann Simons überhaupt seine Intendanz antritt. Die lange Hängepartie bei der Nachfolgesuche für Anselm Weber hatte bereits für einige Unruhe gesorgt, die dem Schauspielhaus nicht gut getan hat. Daher ist es jetzt alles andere als optimal, dass man keinen nahtlosen Übergang von Weber zu Simons bekommt. Da Simons seinen Vertrag bei der Ruhrtriennale erfüllen will und erst zur Spielzeit 2018/19 ans Schauspielhaus kommt, müssen der Chefdramaturg Olaf Kröck und der Betriebsdirektor Stephan Wasenauer die Lücke überbrücken, wenn Anselm Weber nach der Spielzeit 2016/17 geht. Dadurch entsteht ein Schwebezustand zwischen den Intendanzen, der auf Kosten einer klaren Kontinuität geht.

Das ‘Haus der Kulturen’, das Simons vorschwebt, ist eine spannende Idee, um dem Bochumer Theater mehr Internationalität zu verleihen. Wie weit Simons jedoch auch mal bereit ist, gegen den Strich zu bürsten, lässt sich nicht absehen. Als er 2014 in Wien Jean Genets provokantes Stück ‘Die Neger’ inszenierte, waren die Kritiken eher weniger überzeugend. Von einem ‘sinnlosen und öden Theaterabend’ sowie von ‘politischer Ahnungslosigkeit’ war die Rede. Simons wurde gar vorgeworfen, dass er politische Inkorrektheit meide wie der Teufel das Weihwasser. Dem Schauspielhaus Bochum wäre zu wünschen, dass er da durchaus auch mal auf Provokation setzt.

Irgendwie wird man den Eindruck nicht los, dass die Suche nach einem neuen Intendanten nicht durch Mut oder die Bereitschaft, etwas Neues zu wagen, geprägt war. Nachdem die Dauer der Suche schon für negative Schlagzeilen gesorgt hat, wollte der Kulturdezernent sich offenbar nicht noch eine polarisierende Personalentscheidung leisten, sondern ging lieber auf Nummer sicher. Der Zauber eines echten Neuanfangs stellt sich somit erst mal nicht ein.

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