Start FINANZEN Sieben Punkte, die ein Bochumer über den Haushalt seiner Stadt wissen sollte.

Sieben Punkte, die ein Bochumer über den Haushalt seiner Stadt wissen sollte.

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Die Zahl Sieben ist eine Glückszahl und Glück kann Bochum gut gebrauchen! Hier sind sieben Punkte, die man als Bochumer über den Haushalt seiner Stadt für das kommende Jahr 2017 wissen sollte:

 

1. Die Kassenkredite steigen weiter.

Die Kassenkredite steigen weiter ungebremst an. Daran änderte sich auch nicht viel, dass 2015 die Bezirksregierung mal dem Stadtkämmerer bei der Heraufsetzung des Höchstbeitrags für die Kassenkredite hereingrätschte. Doch nicht nur, was gut ist, kommt wieder. Der damals angestrebte Höchstbeitrag für die Kassenkredite in Höhe von 1,2 Mrd. Euro findet sich nun in der aktuellen Haushaltssatzung wieder.  Wird 2017 der Rahmen von 1,2 Mrd. voll ausgeschöpft, so kann man von einer Vervierfachung der Kassenkredite sprechen. Längst machen die Kassenkredite mehr als die Hälfte der städtischen Verschuldung aus.

Was sind Kassenkredite? Kassenkredite haben Kommunen schon immer in geringem Umfang aufgenommen, um Zahlungsverpflichtungen zeitgerecht leisten zu können, wenn die entsprechenden Geldeingänge aus Steuern und Co erst Tage, Wochen oder Monate bei der der Kommune aufs Konto kommen. Dies kann man in etwa mit dem Dispokredit vergleichen, der Privatpersonen auf ihrem Girokonto eingeräumt wird. Wenn diese Kredite aber anstatt nur kleinere und kurzfristige Schwankungen doch eher ganze strukturelle finanzielle Probleme als Grund haben, dann steckt eine Stadt “hüfthoch im Dispo”

 

2. Die städtischen Investitionen sinken.

Wie passt das zusammen, wenn der Haushalt doch für kommendes Jahr Rekordinvestitionen vorsieht? Die knapp 120 Mio. Euro sind nur ein kurzes Feuerwerk, was schnell auch wieder abgebrannt ist. Schaut man in die Planung der nächsten Jahre ergibt sich ein ganz anderes Bild, denn die Investitionstätigkeit der Stadt Bochum wird im Jahr 2020 quasi zum Erliegen kommen. Dabei werden die städtischen Investitionen aber benötigt, um den weiteren Verfall des städtischen Vermögens aufzuhalten.

 

3. Das städtische Eigenkapital schmilzt.

Bei der Eröffnungsbilanz zum Jahr 2009 betrug das Eigenkapital der Stadt Bochum noch 1,55 Mrd. Euro. Mit dem Jahresabschluss 2015 war bereits ein Drittel des Eigenkapitals weg. Nach dem Haushaltsplan 2017 soll es beim städtischen Eigenkapital bis 2020 auf 723 Mio. Euro heruntergehen. Dann wäre also innerhalb von zehn Jahren das Eigenkapital halbiert worden. Weicht man jedoch wie 2015 von seinen Planzahlen ab, dann könnte der Betrag erheblich niedriger liegen. Es droht die vollkommene Überschuldung der Stadt Bochum. Es ist derzeit kein völliges Hirngespinst, dass in einigen Jahren vielleicht sogar die städtischen Verbindlichkeiten höher sind als das städtische Vermögen. Ein Unternehmen müsste in einer solchen Situation dann Insolvenz anmelden.

 

 

4. Die Personalbewirtschaftung muss effektiver werden.

Viele denken sich vielleicht, dass in einem “Konzern Bochum” mit mehr als 5 000 Mitarbeitern ein Personalkonzept vorhanden ist, damit Mitarbeiter klug auf die einzelnen Abteilungen verteilt und Kostenexplosionen vermieden werden. Mit der strategischen Personalsteuerung wird allerdings dieses wichtige Thema erst jetzt angegangen. Wir müssen endlich die Bedarfe der Verwaltung genau ermitteln und dann das Personal an den richtigen Stellen einsetzen. Wir brauchen auch zukünftig qualifiziertes Personal, besonders wenn es um die in den nächsten Jahren neu zu besetzenden Leitungsposten geht. Führungsqualitäten und Mitarbeitermotivation müssen dabei mitgebracht werden. Zum Wohle der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter muss dringend an der Senkung des auffällig hohen Krankenstands von 9,2 % gearbeitet werden.

 

5. Die Ausgaben müssen besser geplant und überprüft werden.

Ein scharfes Controlling, um Fehlentwicklungen und ausufernde Kosten einzudämmen, muss in der Zukunft im Fokus stehen. Der Eindruck, dass die rechte Hand nicht weiß, was die linke tut, muss der Vergangenheit angehören. Vorgänge wie bei den Sicherheitsfirmen für die Flüchtlingsunterkünfte, wo es einfach durchlief, dass aus einer Ausschreibung über knapp 190.000 € hinterher Leistungen in Höhe von 4,8 Mio. € wurden, dürfen sich nicht wiederholen. Letztendlich geht es auch um eine umfassende Aufgabenkritik. Die Stadt muss nicht alles selber machen. Ein plakatives Beispiel ist da das Thema Gebäudereinigung. Die Stadt muss nicht allein auf Eigenreinigung setzen, sondern kann zumindest auch einen Teil fremdvergeben, um damit Kosten zu sparen. Lange wurden diese Ideen abgetan und jetzt nimmt man sich das doch tatsächlich für 2020 vo

 

6. Land und Bund müssen Kommunen entlasten.

Groß ist die Freude, dass die Stadt Bochum über das Landesprogramm “Gute Schule 2020” 49 Mio. Euro bekommt. Da kommt auch gerne die Ministerpräsidentin nach Gerthe, um sich dafür den Dank abzuholen und die Bühne für ein wenig Landtagswahlkampf zu nutzen. Doch vor lauter Freude über die zusätzlichen Mittel wird gerne übersehen, dass sie doch längst nicht ausreichend sind. Landesweit beträgt der Investitionsstau 7 Mrd. Euro, über das Programm werden jedoch über 4 Jahre gestreckt und kreditfinanziert nur 2 Mrd. Euro gegeben. Statt also die Ministerpräsidentin zu bejubeln, sollten wir als Kommune lieber lauter die Stimme erheben, dass den Kommunen zu viele Aufgaben ohne ausreichende Finanzausstattung aufgebürdet werden.

 

7. Bochum kann vieles besser.

Viele Aufgaben liegen noch vor uns. Im Schulbereich schieben wir trotz des Landesprogramms “Gute Schule” einen Sanierungsstau vor uns her. Doch zu unserem Vorschlag, den Schuletat zu erhöhen, fiel dem Oberbürgermeister nur das vielsagende Bekenntnis ein, dass man doch so viel Mittel gar nicht verarbeiten kann. Bei der Sanierung der Infrastruktur muss unser Motto weiterhin “Sanieren statt Flickschustern” lauten. Die Wirtschaftsförderung muss sich als Vertriebsdienstler unserer Stadt betrachten und auch den letzten Staub der Amtsstube rauskehren, damit Bochum künftig ein Hotspot der Gründungskultur wird. Bürgerbeteiligung und Bürgerinformation dürfen sich nicht nur auf die Erarbeitung der “Bochum Strategie” beschränken, sondern müssen noch stärker als bisher bei allen Projekten einbezogen werden.

Die Fraktion “FDP & DIE STADTGESTALTER” kam nach Abwägung dieser Punkte zu dem Schluss, den Haushalt 2017 im Rat abzulehnen. Hier finden Sie die gesamte Rede von Felix Haltt, Vorsitzender der Fraktion “FDP & DIE STADTGESTALTER”. Mit den Stimmen der Koalition aus SPD und Grünen sowie von UWG und Freien Bürgern wurde der Haushalt 2017 letztendlich durchgedrückt.

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