Start STADTRAT Landesverfassungsgericht muss kommunale Sperrklausel kippen.

Landesverfassungsgericht muss kommunale Sperrklausel kippen.

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• Arbeitsunfähigkeit der Räte in NRW ist nicht gegeben.
• Nach bisheriger Rechtsprechung muss Landesverfassungsgericht Sperrklausel kippen.
• Wähler sollten nicht ins Lager der Nicht- oder Protestwähler getrieben werden.

Das Landesverfassungsgericht Nordrhein-Westfalen hat gestern die 2016 eingeführte Sperrklausel bei Kommunalwahlen verhandelt. Wenn das Landesverfassungsgericht den eigenen Maßstäben für kommunale Sperrklauseln treu bleibt, dann wird es die 2,5-%-Hürde kippen müssen. Bedingung für eine Sperrklausel ist nach der bisherigen Rechtsprechung des Landesverfassungsgerichts eine flächendeckende Arbeitsunfähigkeit der Stadträte in NRW: Eine solche Arbeitsunfähigkeit ist aber nicht mal in Bochum gegeben, obwohl 13 Parteien und Wählergruppe 2014 in den Bochumer Rat eingezogen sind. Die Fraktion “FDP & DIE STADTGESTALTER” rechnet damit, dass das Landesverfassungsgericht die kommunale Sperrklausel am 21. November 2017 kassieren wird.

Die politische Vielfalt in den Stadträten hat seit 1999 nicht dazu geführt, dass Kommunen reihenweise nicht mehr ihre Entscheidungsprozesse organisieren können oder gar Haushalte nicht verabschiedet werden können. Selbst in Bochum, dessen Rat mit 13 eingezogenen Parteien und Wählergruppen ein Paradebeispiel für eine Zersplitterung ist, bleibt keine Arbeit liegen. Eine Blockade der kommunalen Prozesse ist nicht vorhanden. Der Oberbürgermeister geht sogar so weit und setzt für 2018 nur sechs Ratssitzungen an. Das würde er wohl kaum tun, wenn die Sitzungen regelmäßig durch die Arbeit kleinerer Fraktionen oder Einzelvertreter aus dem Ruder laufen würden und das vorgenommene Pensum nicht geschafft wird.

Insgesamt hat man den Eindruck, dass SPD, CDU und Grüne mit ihrer damaligen Entscheidung für die neue Sperrklausel dafür sorgen wollten, künftig möglichst unbehelligt von anderen und vielleicht unbequemen Meinungen in den Stadträten zu bleiben. Dazu passt ja auch die Regelung, die Mindestsitzzahl für Fraktionen zu erhöhen. Aber kommunale Demokratie bedeutet eben nicht, dass es die Vertreter der großen Fraktionen möglichst bequem haben und Ratsangelegenheiten ohne große Diskussion innerhalb von ein, zwei Stunden durchgestimmt werden. Und selbst wenn dies ein Problem wäre, könnte man das auch einfach durch eine entsprechende Geschäftsordnung in den Griff bekommen.

Die Bürgerinnen und Bürger wählen nun mal immer differenzierter. Diese Entwicklung wird ja jetzt auch auf Bundesebene trotz vorhandener Sperrklausel deutlich, wo es womöglich zum ersten Mal zu einer Vierer-Koalition kommen könnte. Hätte es bei den Kommunalwahlen 2014 eine 2,5 %-Sperrklausel gegeben, wären die Stimmen von rund 11.000 Bochumerinnen und Bochumer nicht berücksichtigt und damit völlig wertlos geworden. Diese Wählerinnen und Wähler würden bei einer kommunalen Sperrklausel wahrscheinlich zum größten Teil in das ohnehin schon nicht kleine Nichtwählerlager wandern oder gar zu Protestwählern werden. Das kann nicht unser Ziel sein.

Bei der mündlichen Verhandlung konnte man den Eindruck bekommen, dass die Verfassungsrichter von der 2,5-%-Hürde nicht überzeugt waren. Unsere Prognose ist daher, dass das Landesverfassungsgericht am 21. November 2017 die kommunale Sperrklausel kassieren wird.

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