Bochum ist ohne Frage eine lebenswerte Heimat. Aber auch unsere Stadt zeigt Ecken, die unnötigerweise an prekäre Wohnviertel in amerikanischen Großstädten erinnern. Das liegt hauptsächlich an Wohn- und Geschäftsgebäuden, die von ihren Eigentümern dem schrittweisen Verfall preisgegeben werden. Städtische Behörden können auf der Grundlage des Wohnbauaufsichtsgesetzes seit 2014 gegen Vermieter vorgehen, wenn deren Gebäude überbelegt oder verwahrlost sind. Doch wie sich jetzt herausstellt, verschließt die Stadt ihre Augen vor der eigenen Verantwortung, während sie den Schwarzen Peter bisher ausschließlich privaten Eigentümern zuschob
Aufgrund von Bürgerhinweisen ist die Fraktion „FDP & DIE STADTGESTALTER“ einer Spur nachgegangen, die darauf schließen ließ, dass sich stark verwahrloste Wohngebäude an der Harpener Straße im städtischen Eigentum befänden. Nachdem sie sich vor Ort über den heruntergekommenen Zustand der Schrottimmobilien vergewissert haben, bestätigte eine Rückfrage beim Amt für Liegenschaften und Kataster die städtischen Eigentumsverhältnisse. Erschreckend, dass zersprungene Fensterscheiben, großflächige Graffiti-Schmierereien, vermoderte Fassaden, verwachsene Gärten und Wege von der Stadt Bochum vergessen oder gar ignoriert werden.
Mit der sogenannten ‚Broken-Windows-Theorie‘ haben Sozialforscher das eingängige Bild der zerbrochenen Fensterscheibe geprägt, die sofort repariert werden müsse, um weitere Zerstörungen und den Niedergang von Stadtvierteln zu verhindern. Wenn man die tatsächlich eingeschlagenen Fensterscheiben der Schrottimmobilien betrachtet, dann passt die Bezeichnung dieser Theorie wie die Faust aufs Auge. Bleibt man untätig, droht die gesamte Umgebung in soziale Probleme bis hin zur steigenden Kriminalität zu versinken. Diesen Einstieg in den Teufelskreis darf die Stadt nicht achselzuckend hinnehmen.
Hier muss die Verwaltung nicht nur bildlich gesprochen vor der eigenen Haustür kehren, denn als Eigentümerin trägt die Kommune eine soziale Verantwortung gegenüber den Bewohnern der nur teilweise verlassenen Gebäude sowie auch gegenüber den Anwohnern der ganzen Wohngegend. Auch torpediert es die Bemühungen, eine positive Stadtmarke zu etablieren, wenn Besucher an der Abfahrt des Sheffield-Rings direkt mit vergammelten Wohnruinen als ersten Eindruck von Bochum empfangen werden. Ein gelungenes City-Entrée im Sinne einer Willkommenskultur sieht anders aus.
Es ist nun an der Zeit, das Problem anzugehen. Wir fordern die Offenlegung aller städtischen Grundstücke und Gebäude, die sich in einem ähnlichen desolaten Zustand befinden. Städtische Schrottimmobilien müssen sofort saniert werden. Ist dies nicht möglich, muss umgehend ein individuelles Konzept für einen Abriss mit attraktiver Nachnutzung erarbeitet werden.