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Versehentliche Beschwörungen

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Da denkt man an nichts Böses (nicht an mehr als sonst jedenfalls), und plötzlich ploppen allerlei Gestalten aus dem Boden hoch. Von mir konzeptionell angedacht sollten es ja primär Dämonen sein. Bei vielen der aufgetauchten Figuren scheint es sich nun aber um ganz andere Geister zu handeln. Jedenfalls babbeln sie komplett durcheinander, und ich muss erst einmal Ordnung in die Geschichte bringen.

Kaum, dass ich zur letzten Stadtratssitzung ging, tauchten sie jedenfalls auf. Sie standen vor dem Rathaus herum, lobpreisten meinen Namen, verteilten Puddingteilchen, und wedelten mit Lanzen, wo vorne Köpfe von voraussichtlich toten Leuten drauf steckten. Kurz gesagt handelten sie grob in meinem Sinne.

Die Ambivalenz ihres Verhaltens führte bei mir dennoch zu Zweifeln an ihrer inhaltlichen Kompetenz. Herumlaufende Anbiederlinge von dritter Seite versuchten nebenher auch, diese Untertanen für sich zu vereinnahmen. Auch das stelle ich mit Amüsement fest. Letztlich handelten Erstgenannte damit nämlich in meinem Sinne, und nicht in ihrem eigenen.

Dank meines guten funktionierenden Mimikri-Zaubers haben sie mich nicht gesehen. Also palaverten sie lauthals und schwenkten gruselige Dinge. Ich derweil überlegte, wie ich das nutzen könnte. Nachdem ich aber los musste, vergaß ich sie wieder. Nun erinnere ich mich an sie und frage mich, wann ich sie wie vielleicht beschworen haben könnte.

Natürlich ist da die Anrufung lokaler Ortsherrscher in meinem letzten politischen Antrag. Jene war nur wenig verklausuliert. Allerdings hätte sie zum Erscheinen von Albträumen bei meinen Gegnern führen sollen. Das hat sie sicherlich auch, denn jene haben haben während der Ratssitzung innerlich gejammert, äußerlich Unsinn geredet, und sich sonst in Unbehagen verbuddelt.

Das Auftauchen der Ortsherrscher und Tagesfürsten selbst hatte ich dagegen nicht geplant. Die entspechenden Formulierungen in Zauberformeln hatte ich bisher eher als pitoreskes Beiwerk betrachtet. Nun werde ich die wohl auch irgendwie neu sortieren müssen. In der Zukunft muss ich offenbar vorsichtiger werden, was oder wen ich vielleicht beschwören könnte.

Nachher stellt sich noch heraus, dass das etwas mit dem gerade stattfindenden Osterfest zu tun hat. Immerhin habe ich schon häufiger gehört, dass Zauberer Hasen aus Zylindern ziehen würden. Ich will aber gar nicht aus Versehen einen Osterhasen aus meinem Lederhut im australischen Outdoor-Stil ziehen.

Die Beschwörung von Osterhasen möchte ich bis auf Weiteres Fachleuten aus der Süßwaren-Industrie überlassen. Die haben schließlich auch die passenden Eier dazu. Von der Möglichkeit, dass ich als Nekromant zu Ostern günstige Konstellationen haben könnte, um Leute aus dem Grab erstehen zu lassen, fange ich lieber gar nicht erst an.

Beschwörungen müssen immer gut durchdacht sein. Sonst kommen noch Geister, die ich rief.

Bleibt böse!

Euer Tobias, der sehr finstere

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