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Kraturen

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Viele Menschen neigen gelegentlich zu der Auffassung, sie lebten nicht in einer Demokratie, sondern in einer Demokratur, womit sie auf diktatorische Elemente in der Regierung hinweisen wollen. Tatsächlich liegen die Dinge jedoch komplizierter, denn wir leben nicht nur unter einer einzelnen Kratur, sondern unter ziemlich vielen. Dies konnte man gut während der vergangenen Sitzung des Bochumer Stadtrats am 4.2.2021 beobachten.

Bereits im Vorfeld zu jener hatte die Verwaltung herrschaftliche Anweisungen weitergegeben. Jene kamen irgendwie vom Land, und wurden mit einer Melange aus huldvollem Entgegenkommen und Oberamtlichkeit an die Ratsmitglieder kommuniziert, die ich mal als Verwaltokratur bezeichnen möchte. Dass dabei die Coronaschutzmasken entsprechend der Vorgaben des Bundes für den ÖPNV gefordert wurden, fand jedenfalls kaum jemand überraschend.

Die Androhung eines Ausschlusses von der Sitzung im Gegenfalle scheint mir aber doch der vorangehenden Kommunalwahl inhaltlich zu widersprechen. Bei selbiger wurde nämlich ausdrücklich im Vorfeld gesagt, dass selbst Maskenverweigerer straffrei ihr Recht zur Wahl würden wahrnehmen können müssen. Dabei ging es um Kleinigkeiten wie Wahlrecht und demokratische Teilhabe. Da das obige mir aber ein klein wenig gravierender vorkommt, kann man hier gewissermaßen von einer Salutokratur gegenüber einer Idee sprechen, die sich bei Bedarf auch nicht zu schade ist, sich über den demokratischen Rechtsstaat hinwegzusetzten.

Doch es ging weiter, denn am Abend vor der Sitzung wurde plötzlich vom Ältestenrat (der Häuptlingsversammlung der Fraktionen im Rat) festgelegt, dass von jetzt auf gleich seuchenhalberige Schnelltests stattzufinden hätten. Ich war etwas überrascht, dass tatsächlich sämtliche RatsherriX rechtzeitig darüber informiert worden sind. Sogar das Zeitmanagement, durch das man frisch negativ erklärt (Was sollten Bösewichte auch sonst sein?) 1 bis 2 Stunden dumm in der Gegend herumlaufen musste, hat einigermaßen funktioniert. Ich stelle hier jedenfalls das Wirken einer Ältestenratokratur fest.

Selbige erlebte man auch, als dann später jede Menge Diskussionen wegrationalisiert wurden. Bei diesen hätte sonst trotz Tests und Masken ja ein erhöhtes Ansteckungsrisiko bestanden. – Ob das so ein religiöses Ding ist?

Kraturen erlebt man jedenfalls bei sämtlichen Fraktionen, so auch in dieser Sitzung. Die einen funktionieren besser, die anderen schlechter.

Die sPD hüllte sich wie oft in vielsagendes Schweigen. Die Grünen ärgerten sich scheinbar über sich selber, weil sie ihre eigene Kratur nicht so richtig durchsetzen konnten. Die cDU wollte ihre Kratur gegen unsere Kratur gerichtlich verteidigen. Darauf hatte aber sonst kaum jemand Bock.

Außerdem wurde teilweise zu Geheimwaffen gegriffen. Die FdP etwa wollte mich mit fescher Bekleidung ablenken, was aber gegen Schattenmagie nur aufschiebende Wirkung hat. Der cDU versuchte mit Beiträgen zu überzeugen, die eben dies nicht konnten. Die Linkokraten stellten Anträge, von denen sie sich eigentlich direkt ausrechnen können, dass jene nicht durchkommen würden.

 Insgesamt verhaspelten sich dieses Mal, wie auch sonst, die verschiedenen Grüppchen und Parteiokraturen. Die Fronten sind verhärtet, bleiben es an vielen Stellen auch, und die Machtgier Einzelner (damit meine ich mich) konnte bisher den gordischen Knoten noch nicht durchschlagen.

So bleiben wir dann hängen bei der etwas ärgerlichen Situation, dass die Verwaltokraten als graue Eminenzen psychodynamisch in der Gegend herumsteuern, bis ich endlich einen passenden Meisterspruch dagegen gefunden habe. Sonst macht ja keiner was, außer, sich zu zanken. So wird dat nix.

Wenn ich hier erst meine persönliche finstere Magokratur durchgedrückt habe, wird Heulen und Jammern herrschen, samt dergleichen mehr! Insbesondere wird das bei Leuten der Fall sein, die mir vorher durch unmagisches Kindergartengehabe unangenehm aufgefallen sind. Ernst nehmen sollte man jedenfalls keine Kratur außer der eigenen.

Bleibt böse!

Euer Tobias, der sehr finstere

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