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Kriegsberichterstattung

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Zuletzt hatte ich eine religiöse Metapher für allgemeine Verhältnisse in der Bochumer Lokalpolitik benutzt. Für den konkreten Zusammenhang einer Sitzung des Stadtrates passt das aber nicht genug. Das gilt auch besonders für die zurückliegende Sitzung am 25.3.2021. Jene möchte ich eher mit einer Schlacht vergleichen, in der es verschiedene Seiten gab, welche die Ratsfraktionen darstellen. Dabei gelten entsprechende Gewichtsverhältnisse in Teilen.

Zu Beginn der zurückliegenden Schlacht (Ratssitzung) brachten die Seiten also ihr schweres Kriegsgerät in Stellung. Dabei wurde einige Zeit hin und wieder ein Schuss abgefeuert, ohne, dass viel Überraschendes passiert wäre. (Realweltlich wurde Punkte durchgewunken, die niemand allzu sehr kümmerten.)

Dann schickte die AfD eine Pioniereinheit los, um eine Brücke über einen Fluss zu schlagen, um die späteren Geheimdienstaktivitäten zu unterminieren (s.u.). Das wäre eigentlich gar keine so schlechte Idee gewesen. Es scheiterte allerdings bereits daran, dass die Pioniere weder genug noch das richtige Material dabei hatten, um die Brücke hinzubekommen.

Von den verschiedenen Feldherrenhügeln an den unterschiedlichen Seiten des Schlachtfeldes aus wurde das Geschehen mit Argwohn beobachtet. Weitere Kampfhandlungen nahmen ihren Lauf.

Volker Steude versuchte einen schnellen Vorstoß auf das Gelände der Bochumer Symphoniker. Sein Einsatz schwerer Kavallerie kam dabei zwar überraschend, endete aber trotzdem unmittelbar in massivem Abwehrfeuer aus Maschinengewehrnestern. Ich fürchte, ich werde da selbst langfristig noch ein paar Einheiten strategisch umstellen müssen, um den weiteren Rückzug eben dieser Pferde decken zu können.

Danach kam es zu einem größeren Kampf um die Hauptsatzung. AfD und Linkspartei unternahmen gleichermaßen eigene Vorstöße auf diese, die sie im Schatten eines Infanterieangriffes der Koalition aus SPD und Grünen jeweils an den Flanken voranbrachten. Erwartungsgemäß kam der Angriff über die linke Flanke weiter, blieb aber letztlich ebenso stecken wie jener an der rechten Seite. Derweil warfen die Koalitionspartner unzählige Krieger nach vorn. Vor dieser Übermacht an Stimmen fielen dann auch Teile von Formulierungen der Hauptsatzung, und ein kleiner Hügel wurde mit viel Tamtam erobert.

Weitere verirrte Schüsse peitschten eine Weile durch die (geistige) Nacht, die langsam eintrat, weil die Luft in der Jahrhunderthalle nicht die beste war. Dabei waren wir soviel mit dem Herumkarren leichter Feldartillerie beschäftigt, dass ich den Überblick verlor. Haben wir das Scharmützel um die Smart Cities jetzt gewonnen oder verloren?

Nach einem ebenso sinn- wie aussichtslosen Angriff der AfD auf die Gebührensatzung kam es jedenfalls zu heftigen Kämpfen um den Status des Ruhrgebiets als UNESCO-Welterbe. Dazu stieg aus allerlei Rohren eine Menge Rauch auf, und Kanonendonner dröhnte über die Walstatt. Man darf wohl mit einigem Recht behaupten, dass hier oft bis aufs Blut gestritten wurde.

Weil die Koalition diesmal größere Panzerverbände einsetzte, versuchten andere Seiten ebenfalls, mit dem Gewicht schwerer Kampfwagen einen Vorteil herauszufahren. Viele wähnten ihre Fahrzeuge gleichermaßen gut geschützt wie schlagkräftig. Der Plan eines zielgenauen Manövers von PARTEI und Stadtgestaltern scheiterte insbesondere durch eine Schlammkanone aus den Reihen der SPD, die unsere sonst gut ausgerichteten Truppen völlig überraschend ausbremste.

FDP und Linksfraktion brachte unabhängig von einander Motorlafetten an die Front, wo diese allerdings kaum Wirkung erzielten. Einzelne überschwere Panzer der CDU tobten über den Platz und richteten Verwirrung an. Dass der Raum dafür freigegeben wurde, zog die Schlacht in die Länge. Ich selber antwortete jedenfalls mit leichtem Streufeuer aus hinteren Batteriestellungen. Dabei waren bestimmte strategische Punkte besonders umstritten.

 Am Ende siegte wieder einmal die zahlenmäßige Überlegenheit von Rot-Grün.

Nach diesem Schlagabstausch kehrte eine Weile Ruhe ein. Es folgten noch eine Reihe halbherziger Vorstöße von verschiedenen Seiten. Teilweise wurden weniger wichtige Geländepunkte eingenommen, teilweise blödsinnige Experimente zurückgeschlagen.

Die Beteiligten leckten sich die Wunden und beäugten einander mit Misstrauen. Weitgehende Einigkeit herrschte jedoch in der Frage, dass man ruhig etwas zu Futtern hätte bereitstellen können.

Damit endete der öffentliche Teil der Ratssitzung, und eine Art Geheimdienstkrieg begann. Über selbigen darf ich nichts erzählen, weil ich sonst meine Leser erschießen müsste. (Vielleicht würde es auch reichen, ihnen Besessenheits-Dämonen auf den Hals zu hetzen.) Da ich das aber gerade nicht will, sage ich nur kurz allgemein, dass Geheimdiensttätigkeit sich verdammt langweilig dahinziehen kann. Außerdem muss man sich immer die Frage stellen, wer wann warum an Geheimhaltung interessiert ist.

Als Fazit aus der Schlacht nehme ich jedenfalls als wesentliche Erfahrung mit: Nächstes Mal mehr Gulaschkanonen!

Bleibt böse!

Euer Tobias, der sehr finstere

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