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Geistergas

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Nur wenige wissen, dass ich neben meinen offen einsehbaren Sitzen im Bochumer Stadtrat und den Ausschüssen nebenher auch Mitglied im Beirat für Berggeister und Untote Grubengnome (BUG) bin. Den muss Bochum von Amts wegen als ehemalige Bergbaustadt nämlich haben. In diesen Beirat bin ich eher zufällig hinein gerutscht. Von Grubengnomen habe ich bisher sonst nur lustige Bilder gesehen. Berggeister sind mir auch nur bei Sektempfängen üder den Weg gelaufen. Allerdings kann von den anderen Mitgliedern meiner Fraktion kein einziger Tote zum Leben erwecken, und so ist dieser Sitz bei mir gelandet.

Natürlich berichte ich dies im Zusammenhang mit der Sitzung des genannten Beirats, die kürzlich stattgefunden hat. Es war eine außerordentliche Sitzung, einberufen von den Berggeistern. Sie haben nämlich die Befürchtung, dass Bundesminister Habeck die aktuelle Knappheit an Erdgas in Deutschland auf ihrem Rücken lösen wollen könnte. Kurz gesagt sind viele von ihnen bei Schlagwetterunglücken gestorben und befürchten nun, dass ihre Totenruhe gestört werden könnte.

Dazu gab es Vorträge und Abstimmungen.

Erst sprach der scheinbar verwirrte und starrsinnige Alterspräsident der Gespenster. Das war ziemlich langatmig. Er beschwerte sich eigentlich nur die ganze Zeit, dass eine reguläre Sitzung alle 100 Jahre doch vollkommen ausreichend wäre. Demnach sollten wir sofort nach Hause gehen, und erst 2058 wieder zusammentreten.

Dann folgte eine inhaltliche Gegenrede von einem Skelett, dessen Kleidungsreste ich historisch nicht klar zuordnen konnte. Es hätte fast alles aus den 300 Jahren vor 1950 sein können. Das Skelett machte sich Sorgen wegen einer Arthrosebehandlung. Es hatte dazu einen eigenen Antrag gestellt, dass die Stadt dazu eine Kostenübernahme garantieren sollte. Die Abstimmung dazu war geheim. Sie ging knapp für den Antrag aus, und man konnte leicht schlussfolgern, dass es darüber Krach in der Koa gegeben hatte. Ich selber hatte aus taktischen Gründen ungültig gestimmt.

Danach machte ein gewisser ehemaliger Bergmann von der SPD endlich mal in einem Gremium den Mund auf. Er redete aber nur über Maloche, und nicht über Geister oder geheimnisvolle Lebewesen unter der Erde. So etwas ist mir nicht unterhaltsam genug! Der muss doch ein paar spannende Geschichten auf Lager haben!?

Ihm folgte der Bericht einer unnötig lasziv auftretenden Nymphe zum Wasserpegel auf den verschiedenen Sohlen. Das hatte zwar mit den Sorgen der Spukbevölkerung nichts zu tun, schien ihr aber gerade zeitlich ganz gut zu passen.

Ich frage mich nur, warum sich die neue Leiterin vom Bergbaumuseum nicht auch hier in diesem Beirat vorgestellt hat. Das hätte Sinn ergeben, wenn sie das getan hätte. Zwischendurch haben wir dann noch für eine Landesdelegiertenkonferenz Abgeordnete gewählt. Falls die das Problem zur Sitzung rechtzeitig angehen sollten, fresse ich aber einen Besen. Der Hauptantrag wurde sonst überhaupt nicht mehr abgestimmt, sondern in einen Fachausschuss geschoben. (Ich weiß nicht mehr, in welchen eigentlich.)

Am Ende haben wir jedenfalls noch einstimmig eine Resolution befürwortet. In dieser wird dann der Einsatz von ätherischen Fördermethoden auf Bochumer Stadtgebiet ausdrücklich abgelehnt. Eigentlich müsste diese dann im nichtöffentlichen Teil der nächsten Ratssitzung final gestellt werden. Aber darüber dürfte ich dann nicht reden, und wahrscheinlich wird ihre Existenz noch nicht einmal im Ratsinformationssystem angezeigt.

Bleibt böse!

Euer Tobias, der sehr finstere

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