Die Stadtverwaltung hat eine Liste mit Fragen und Antworten zur heißdiskutierten Neuordnung der Innenstadt aufgestellt. Hier gibt es die wichtigsten Antworten der Verwaltung und die Position der Fraktion „FDP & DIE STADTGESTALTER“ auf einem Blick. Im Dokument am Ende des Artikels findet sich ein Link für die ganze „FAQ-Liste“.
Welche Gründe gibt es, das BVZ abzureißen?
Verwaltung: Das BVZ ist ein Kind seiner Zeit, das heißt das Gebäude von Ende der 1970er / Anfang der 1980er Jahren ist nach dem Stand der damaligen Technik errichtet worden, ähnlich wie der Hochhauskomplex des Landgerichts am Husemannplatz. Wie bei vielen Gebäuden aus dieser Bauzeit sind Baustoffe verbaut worden, die damals als modern galten, heute aber problematisch sind. Zudem ist das Flachdach undicht, was trotz Wartung zu regelmäßigen Wasser-einbrüchen führt. Zudem fehlt, typisch für sein Baujahr, eine Wärmeisolierung und in vielen Teilen entspricht das Gebäude nicht mehr den heute geltenden Arbeitsschutzanforderungen. Die Fenster sind schlecht isoliert und zugig. Beschäftigte sowie Bürgerinnen und Bürger finden im Winter ein unangenehm stark ausgekühltes und im Sommer ein teils unerträglich überhitztes Gebäude vor.
Fraktion „FDP & DIE STADTGESTALTER“: Das BVZ hat tatsächlich Mängel, die aus dem damaligen Stand der Technik resultieren. Hätte man das Gebäude aber regelmäßig im notwendigen Umfang saniert und möglichst weitgehend wäre nicht nach nur 35 Jahren ein dicker Sanierungsstau von 100 Millionen Euro aufgelaufen. Hier hat die Verwaltung über Jahre geschludert und den nun nötigen Abriss des Gebäudes selbst verursacht.
Warum will die Stadt die Grundstücke, auf denen jetzt noch BVZ, Musikschule und Gesundheitsamt stehen, an einen Investor verkaufen?
Verwaltung: Die Stadt möchte an dieser Stelle Wohnen in der Innenstadt entwickeln und das in hoher Qualität tun. Bochum wächst seit 2015 wieder und braucht – wie das Handlungskonzept Wohnen zeigt – neuen, attraktiven Wohn-raum für alle Bevölkerungsgruppen, darunter Familien und Senioren. Auch geförderter Wohnungsbau gehört natürlich dazu. Der Trend geht zudem wieder dahin, in den Städten zu wohnen: mit kurzen Wegen und doch einladenden Rückzugsmöglichkeiten. Hier hätten die künftigen Bewohnerinnen und Bewohner die Bochumer City direkt vor der Haustür und den Park als „grüne Zone“ im Rücken. Das Wohnbauprojekt würde durch einen oder mehrere Investoren nach dem so genannten Bestgebotsverfahren umgesetzt, das heißt es geht nicht nur um den besten Grundstücks-preis, sondern auch um die beste Entwicklungsidee für das „Wohnen am Appolonia-Pfaus-Park“
Fraktion „FDP & DIE STADTGESTALTER“: Wir unterstützen das Vorhaben der Verwaltung, an der Stelle der heutigen Verwaltungsbauten neuen Wohnraum zu schaffen. Diese Aufgabe lässt sich auch unserer Ansicht nach am besten durch einen Investor verwirklichen, der eine nachhaltige und langfristige Investition mit Blick auf die möglichen Ziel-gruppen in Bochum tätigen möchte. Die Stadt selbst sollte dort nicht tätig werden, sondern das Verfahren regulierend lediglich vorbereiten und begleiten sowie Zielvorstellungen formulieren. Wohnen in der Innenstadt belebt den urba-nen Raum und sorgt für eine vitalere Durchmischung des Bochumer Kerngebietes. Der Nucleus unserer Stadt soll nicht nur für Behördengänge und Shopping dienen, sondern ein Ort des sozialen Miteinanders und Heimat, im wahrsten Sinne des Wortes, für möglichst viele Bochumerinnen und Bochumer sein.
Wieso kostet die bauliche Neuausrichtung am Rathaus – Abriss des BVZ und des Rathaus-Anbaus am Willy-Brandt-Platz, Neubauung an dieser Stelle, Abriss beziehungsweise Teilabriss von Musikschule und Gesundheits-amt sowie die Anmietung neuer Büroflächen – 100 Millionen?
Verwaltung: Die Kostenkalkulation bezieht sich auf die nächsten 19 Jahre. Jedes Jahr fallen im Durchschnitt rund fünf Millionen Euro an. Diese Kalkulation beinhaltet sämtliche Abriss-, Neubau- und Anmietungskosten aller Gebäude. Auch Umzugs- und Bewirtschaftungskosten für die genutzten Büroflächen sowie Ausgaben für die Gestaltung von Außenanlagen sind darin enthalten.
Fraktion „FDP & DIE STADTGESTALTER“: Die Kostenkalkulation für 19 Jahre reicht uns nicht aus. Wir erwarten, dass eine neutrale Kalkulation auch realistische Zeithorizonte zu Grunde legt. Allein das BVZ, das von Beginn an fehlerhaft gebaut und im Verlauf mangelhaft gepflegt wurde, hatte eine Nutzungsdauer von 35 Jahre. Unter dem Gesichtspunkt befürworten wir einen neuen Verwaltungsstandort in Eigentum der Stadt Bochum.
Was plant die Stadt mit dem historischen Telekomgebäude gegenüber dem Rathaus?
Verwaltung: Erste planerische Konzepte zeigen, dass die drei Nutzungen Markthalle, Bibliothek und VHS nicht nur in das Telekomgebäude mit Überbauung des Innenhofes passen, sondern vielmehr dem heute größtenteils ungenutzten Gebäude wieder Leben einhauchen können.
Das Telekomgebäude stellt ein wichtiges städtebauliches Ensemble mit dem historischen Rathaus am Willy-Brandt-Platz dar. Vis-à-vis zum Rathaus steht das Telekomgebäude an der ersten Adresse der Stadt. Die Stadt möchte das Telekomgebäude mit seinem Postinnenhof zu einem „Haus des Wissens“ sanieren und umbauen. Bibliothek und VHS könnten hier ihre neue Heimat finden und als lebendiger Baustein zur Wissenskultur beitragen. Das Haus des Wis-sens könnte sinnvoll im Erdgeschoss mit einer Markthalle ergänzt und zu einem Treffpunkt attraktiver Anziehungs-punkt für Bochumerinnen und Bochumer, aber auch für auswärtige Gäste, werden.
Fraktion „FDP & DIE STADTGESTALTER“: Eine der größten Schwierigkeiten bei der Neugestaltung der Innenstadt stellt die Aufsplittung zwischen Telekomblock und Justizareal dar. Das Telekomgebäude wurde vor einigen Jahren der Stadt zum Kauf angeboten. Die Stadt ließ diese Chance verstreichen und das lokale Einzelhandelsunternehmen Baltz kaufte den Telekomblock, um dort ein Modehaus für Sportartikel anzusiedeln. Eine Nutzung unter Teileigentum oder Eigentum für kommunale Nutzungen wie z.B. das Stadtarchiv, befürworten wir grundsätzlich.
Eine Markthalle im Telekomblock ist grundsätzlich möglich. Da das historische Gebäude aber weitgehend erhalten bleiben soll, würde eine Markthalle dort versteckt in den Innenhof geplant werden. Dies halten wir eher für eine Verle-genheitslösung für eine Markthalle, die im Ruhrgebiet eigentlich als Alleinstellungsmerkmal für Bochum gut sichtbar sein sollte.
Warum soll in das Viktoria Karree der HBB (Hanseatische Betreuungs- und Beteiligungsgesellschaft) städtische Nutzung untergebracht werden?
Verwaltung: Das Viktoria Karree ist ein Baustein der Innenstadt von morgen und bietet einen innenstadttypischen Nutzungsmix. Hier findet sich nicht nur Einzelhandel, sondern auch Dienstleistung, Gastronomie sowie ein Hotel wieder. Da das Viktoria-Karree nicht nur über den Husemannplatz direkt an die 1A-Lage der Innenstadt angebunden ist, sondern auch in unmittelbarer Nähe zum historischen Rathaus liegt, ist hier ein idealer Ort, um die Dienstleis-tungsflächen für städtische Nutzungen anzumieten. Ämter der Stadt im Viktoria-Karree sind dabei sowohl vom Rathaus und künftigem Haus des Wissens als auch vom Einkauf über kurze Wege für die Bürger/ Bürgerinnen und auch für die Mitarbeiter/ innen der Stadt zu erreichen
Fraktion „FDP & DIE STADTGESTALTER“: Die Anmietung von Räumlichkeiten durch die Stadt Bochum stellt eine Notgeburt dar, weil die HBB sonst nicht die stadtplanerisch geforderte Geschosshöhe bauen würde. Die ursprüngli-che Planung der HBB sah ein Komplex mit deutlich geringeren Gebäudehöhen im verglich zur restlichen Bebauung am Husemannplatz vor. Die Aufstockung auf zwei zusätzliche Etagen kommt für den Investor nur in Frage, wenn er die Kosten kompensiert bekommt. Hier springt die Stadt ein, was wir als sehr fragwürdig sehen. Insbesondere ist dies auch rechtlich diskutabel, weil die ursprüngliche Ausschreibung ein Komplex ohne die Kommune als Mieter vorsah. Die Stadt hat die Ausschreibebedingungen nachträglich selbst verändert, was mögliche andere Akteure benachteiligt.
Was plant die HBB?
Verwaltung: Die HBB hat für ihr Viktoria-Karree von Anfang an in ihrem Konzept einen Mix aus Einzelhandel, Dienst-leistung, Gastronomie, Hotel und Freizeiteinrichtungen vorgesehen. Das Einkaufen in den Innenstädten verändert sich grundlegend. In Bochum fehlen große, zusammenhängende Flächen für die entsprechenden Anbieter, die in der gegebenen kleinteiligen Struktur dieser Innenstadt nicht bedient werden können. Mit rund 15.000 m² zusätzlichen Einzelhandel im Viktoria-Karree können durch den Investor HBB diese attraktiven und großen Einzelhandelsflächen geschaffen werden. Und die großen Flächen bringen mehr Nachfrage in die Stadt und nutzen auch den Unterneh-men, die bereits hier sind. Das Angebot wird deutlich vielfältiger. Nach Aussage der HBB werden mehr als 90% der Fläche von Unternehmen genutzt, die heute noch nicht in der Bochumer Innenstadt ansässig sind.
Fraktion „FDP & DIE STADTGESTALTER“: Die Attraktivität einer Kerninnenstadt wird sich in Zukunft insbesondere durch hohe Aufenthaltsqualität, Ambiente, Image und Flair auszeichnen. So machen insbesondere Einzigartigkeit und Alleinstellungsmerkmale Bochum zukunftsfest – Nicht Filialisten in Einkaufszentren mit international angepassten Erscheinungsbild, die es in unseren Nachbarstädten eh schon gibt. Wir wollen daher ein neues modernes Verwal-tungsgebäude mit einer Markthalle, die sich zum Husemannplatz öffnet und diesen belebt. Das Justizzentrum am Hus-emannplatz hat auch für Frequenz gesorgt. Das neue Verwaltungsgebäude mit dem Bürger-Service würde diese Fre-quenz kompensieren und das Umfeld beleben.
Die HBB war nicht bereit, mit unserer Fraktion zu sprechen. Ein sinnstiftender Austausch war so selbst in der Pla-nungsphase nicht möglich. Das bisherige Geschäft der HBB lässt ebenso darauf schließen, dass das Einkaufszent-rum nach bereits rund fünf Jahren an einen Fonds verkauft wird.
Warum braucht Bochum weitere Einzelhandelsflächen? Was habe ich als Bürger/in davon?
Verwaltung: Die Innenstadt braucht eine Stärkung. Durch die wachsende Konkurrenz des jederzeit verfügbaren Onli-ne-Handels braucht Bochum eine lebendige Innenstadt. Zu dieser Lebendigkeit trägt das Gesamtkonzept mit ergän-zenden neuen attraktiven Einzelhandelsflächen, einer modernen Volkshochschule, einer neuen Stadtbibliothek, einer Markthalle und neuen Wohnungen bei. Diese Neuausrichtung entlang der Viktoriastraße stärkt der Bochumer Innen-stadt den Rücken.
Fraktion „FDP & DIE STADTGESTALTER“: Das Vorhaben der HBB wird negative Auswirkungen für Bochum haben. Mit dem Ruhr-Park hat Bochum ein solitäres Einkaufszentrum, das den typischen und höchsten Ansprüchen an Kunden von Shopping-Centern mehr als erfüllt. Dieser Bedarf ist also bereits gedeckt. Die vorhandenen innerstädtischen Standorte mit einem Einkaufszentrumskonzept, wie die Drehscheibe und der City-Point, haben massive Schwierigkei-ten mit Leerständen. Die Stadtbadgallerie ist mittlerweile nicht mal mehr als solche zu erkennen. Nun ein weiteres Einkaufszentrum in die Innenstadt zu pflanzen, wiederholt die bereits gemachten Fehler. Alle Experten und auch der Einzelhandelsverband gehen im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung davon aus, dass die benötigten Flächen für den Einzelhandel in Innenstädten eher zurückgehen werden. Anstatt eine Ausweitung und Zerfaserung durch Schaffung neuer Einzelhandelszentren ist so vielmehr eine Konzentration und Verdichtung im urbanen Raum notwendig.
Danke für die große Mühe – interessant!
Die Bewertungen von HBB-Einkaufszentrum und Markthalle verstehe ich aber nicht ganz: Das HBB-Zentrum will ein Privatinvestor bezahlen, und Ihr lehnt es ab. Ein Einkaufszentrum „Markthalle“ hat in den letzten Jahrzehnten kein Privatinvestor bezahlen wollen, und Ihr befürwortet es…
Das Einkaufszentrum soll ein 08/15-Center werden.. In der Folge ziehen Läden aus den anderen Teilen der Innenstadt ab und die Zahl der Leerstände wird dort noch größer. Drehscheibe und Citypoint investieren nicht, da das Geld ins neue Center fließt.
Wenn nach 5 Jahren der Investor das Center verkauft und es wie bei Stadtbadgalerie. Sparkassengalerie, Gerbercenter, oder Drehscheibe ebenfalls nicht funktioniert, entstehen dort ebenfalls neue Leerstände.
Der Einzelhandel in den Innenstädten geht zurück, Konzentrierung und Schrumpfung sind zu bewältigen. da ist eine Ausweitung der Flächen nicht hilfreich.
Eine Markthalle bietet ein Angebot, das so in der Stadt noch nicht vorhanden ist. Sie hat eine Strahlkraft auch über Bochum hinaus und zieht neue Kunden nach Bochum. Beides erwartet die Stadt vom Einkaufszentrum nicht.
Auch erhöht die Markthalle Flair und Ambiente in der Stadt. Sie ist ein Alleinstellungsmerkmal. Und auch sie soll privat gebaut und betrieben werden.
Zum Thema Markthalle: Euer Bekenntnis, dass eine Markthalle privat gebaut und betrieben werden soll – ohne Subventionen, ist doch darunter zu verstehen, oder? – werde ich mir übers Bett hängen – finde ich liberal, und habe ich in den letzten Monaten vermisst! Könnt Ihr euch damit nicht in der Öffentlichkeit offensiv von Rot-Grün abheben?
Zum Thema ‚Einkaufszentrum konventionell‘: Dass es an noch einem Einkaufszentrum in Bochum fehlen soll, wundert auch mich. Mich wundert aber nicht weniger, wie viele Frisöre es in Bochum gibt. Marktwirtschaft bedeutet doch gerade, als Politiker es nicht besser wissen zu wollen als die Marktbeteiligten! War denn am Findungsprozess der Folgenutzung des bisherigen Justizgeländes etwas unsauber, so dass man ein Einkaufszentrum ablehnen müsste? 😉