Nachdem ich nun einige Monate in der Bochumer Politik unterwegs bin, habe ich mir einen ersten, groben Überblick darüber verschafft, wie diese funktioniert. Ich vermute stark, dass sich meine Einsichten noch vertiefen werden. Deshalb werde ich wahrscheinlich bei passender Gelegenheit weitere Metaphern und Weisheiten verkünden. Da ich versuche, mit Zauberei etwas in meinem (sehr finsteren) Sinne zu veranstalten, werden sich sowieso noch einige Verschiebungen ergeben.
Doch betrachten wir einmal den politischen Ist-Zustand anhand eines biblischen Gleichnisses:
Politiker sind wie Propheten, denen das Volk hinterher rennt. Dabei sind sich alle einig, man müsse (mit Planwagen) eine Wüste durchqueren, um langfristig das gelobte Land zu erreichen. So ziehen alle Leute gleichzeitig los, und dabei zieht mal dieser Prophet den Zug in seine Richtung, und mal der nächste in die entgegengesetzte solche. Die Gesamtbewegungsrate ist auf diese Weise sehr relativ.
Hinzu kommen die Partikularinteressen von Leuten, die mitziehen, sich aber gar nicht für Religion interessieren. (s.u.)
In Bochumer Glaubensfragen als Spezialfall haben wir es nun mit folgenden Propheten zu tun:
Der größte aller Propheten hier ist Don Walhalla, der Prächtige. Er möchte das Volk versorgt wissen, und wird deshalb ständig von sehr vielen Leuten umschwärmt. Im Endeffekt liefert er Streuselkuchen für alle.
Der größte Rivale von Don Walhalla ist seit uralten Zeiten Herr Salami, der statt Streuselkuchen lieber Schwarzwälder Kirschtorte möchte, diese jedoch bevorzugt für die eigenen Gläubigen.
Den beiden gemein ist der Umstand, dass sie sich vor den Karren der Bäckerinnung spannen lassen, welche somit weite Teile des Wagenzuges dominiert.
Eben wegen jener wiederum wird gerade in der letzten Zeit die Sekte des Distelgoblins immer populärer. Dieser hüpft die ganze Zeit kreischend um die Leute herum, und macht auf das wiederholte Fehlen von Wasser in der Wüste aufmerksam. Damit sammelt er eine größere Gefolgschaft.
Der Distelgoblin und Don Walhalla bilden in Bochum eine große und mächtige Koalition.
Wieder auf der anderen Seite des Zuges gibt es Meister Tortenglück. Er unterscheidet sich von Herrn Salami dadurch, dass er nicht Schwarzwälder Kirschtorte für die eigenen Parteigänger will, sondern Frankfurter Kranz für irgendwen anders – wen genau, sagt er nicht richtig.
Desweiteren wird der Wagenzug von Geißlern begleitet. Diese auch latinisierend „Flagellanten“ genannte Bewegung entstammt dem Mittelalter. Selbige Leute verbringen wesentliche Teile des Tages damit, sich selbst zu züchtigen, um dadurch göttliche Gnade zu erlangen.
Konkreter aber werden die Anhänger des Gottes Mammon. Sie behaupten durchgehend, dass sich nur wenige Berghänge weiter ein goldener Turm befände, der zu erreichen wäre. Rein zufällig verschiebt sich die Lage des Bauwerkes laufend, und zwar stets in eben der Richtung, die für die Mammon-Priester selbst den einfachsten Weg bietet. Zur Ehrenrettung der Bochumer Mammonisten muss dabei angeführt werden, dass diese meist mit dem heiligen Ritual des Nasebohrens beschäftigt sind.
Hinzu kommt das Problem mit dem goldenen Kalb. Das goldene Kalb ist vor ein paar Jahren aufgetaucht. Seitdem sammeln seine Anhänger jeden Kuhfladen auf, den es fallen lässt, und preisen den Paarhufer dann für sein Geschenk. Danach tragen sie selbiges nach Hause und verfeuern es. Unter den Anhängern der anderen Kulte hat sich wegen dem ganzen Mist der Ritus durchgesetzt, das goldene Kalb mit faulen Tomaten zu bewerfen. Dass man jene dafür extra vergammeln lässt, halte ich eigentlich für eine Verschwendung von Lebensmitteln, aber es sind ja nicht meine Tomaten.
Das Kalb seinerseits kuckt doof aus der Wäsche, muht, und frisst hin und wieder eine matschige Tomate, damit hinten auch wieder was rauskommen kann. Dies wird allseits als sicherer Beweis betrachtet, dass das Kalb den Wagenzug in einen tödlichen Sumpf führen wolle. Alle Propheten brüsten sich außerdem gerne damit, dass sie intelligenter wären als das dämlich dreinblickende Rindvieh.
Warum das Kalb allerdings golden ist, hat noch niemand final ergründen können. Die Innung der Gold- und Silberschmiede ist auffallend still bei dem Thema.
Ich selber hänge allgemein mit einem kleineren Propheten ab, den ich hier gerade Graf Zyanikus, den sarkastischen Zynisten, nenne. Jener behällt zumindest die Region im Auge, durch die das Volk gerade zieht. Das kann man gut mit meiner Art von Zauberei kombinieren.
Und wer führt die Karawane des Volkes ins gelobte Land an? Ist es etwa Don Walhalla, der Prächtige? – Nun, er ist es nur zu kleinen Teilen. Und bis meine Zauberei größeren Anteil an der Wegstrecke hat, bin ich auch noch etwas mit Ritualen beschäftigt.
Die Richtung der Wanderschaft wird bis dahin in Wirklichkeit bestimmt von der Gilde der Kameltreiber. Jene beharrt unerbittlich auf gangbaren Wegrouten und dringend nötigen Oasen. All die Propheten aber haben sich ihren Ansichten unterzuordnen.
Bleibt böse!
Euer Tobias, der sehr finstere