Start Kolumne Ankündigungen großer Dinge

Ankündigungen großer Dinge

133
0

Wieder einmal schaue ich in die Welt hinaus und denke mir: Oha! Da kündigen sich aber große Dinge an! Meist geht es dabei inhaltlich um Zombys, die aus Gräbern krabbeln, mysteriöse fliegende Untertassen oder um Weltherrschaftspläne von Pommesbudenfritzen mittels neuer, verbesserter Mayonnaise. Andere Leute denken bei sich ankündigenden Umwälzungen an Kriege oder Volksmusik.

Gemein ist diesen verschiedenen Bedrohungsszenarien ihre weitgehende systemische Übereinstimmung mit magischen Prophezeiungen. Wenn ich zum Beispiel aus dem Vogelflug lese, muss ich ja auch zuerst die Wahrscheinlichkeit berechnen, dass die Viecher mir auf den Kopf kacken. Das ist eine praktische Notwendigkeit. Auswertungen entsprechend den Anweisungen römischer Auguren kommen erst danach.

Auch bei dem Auslegen von Tarot-Karten folgt man einem standadisierten Schema; zum Pendeln braucht man als Grundlage eine Karte oder Ähnliches.

Es gibt aber immer profane Bezüge zur physischen Welt beim Prophezeien. Wenn man diese ignoriert, dann kacken sie einem auf den Kopf. Auf ihnen aufbauend steht die eine oder andere überlegene Theorie, mit der sich der Zauberer über die breite Masse der Ahnungslosen erhebt. So etwas kann etwa sein, dass Sterne mit Gottheiten identifiziert werden, oder Wladimir Putin sich an anerkannte Strategeme der Kriegsführung hält. Das eine haben sich Hohepriester des Marduk ausgedacht, das andere ein paar Witzbolde von Spieletheoretikern.

Den verschiedenen Gebieten gemein sind Ableitungen auf Basis von gesellschaftlich akzeptierten Hirngespinsten. Diese haben in der Erfahrungswelt der zuständigen Leute eine gewisse Wahrscheinlichkeit, einzutreffen. Religiöse Dispute über die Wahrhaftigkeit der jeweiligen Erkenntnis werde ich aber nun vermeiden. Hier darf ruhig jeder nach seiner Fasson selig werden.

Trotzdem gibt es nun aber die Frage nach der Qualität von Prophezeiungen. Wann treffen sie ein? Wenn ich es mir denke, oder früher oder später oder anders?

Ich habe zum Beispiel seiner Zeit die Tarot-Karten gefragt, ob der letzte Steag-Deal der Stadt Bochum so eine gute Idee wäre. Ihre eindeutige Antwort hat gelautet: „Klar! Geile Sache! Weiter so!“ Ich bin da zunächst skeptisch geblieben. Aber in Anbetracht des aktuellen Gas-Hickhacks mit Russland muss ich dann doch fragen, was die Karten damals so alles wussten, was ich nicht wusste.

Ebenso kann man sich nach der Inaugenscheinnahme des Vogelfluges ein paar Monate später denken: „Ach, DAS wollten die mir sagen! Schnee Anfang November! Das hätte ich eigentlich sehen müssen, so tief, wie der eine links geflogen ist.“ Auch die Wege der Sternengötter sind unerforschlich, aber manchmal blinzeln sie auf die gleiche Weise wie die schöne Nachbarin. – Na, wenn das nicht etwas zu bedeuten hat!

Wirtschaftsprognosen funktionieren genauso. Da kündigen sich auch hin und wieder große Dinge an. Und im Nachhinein denkt der Analyst: „Verdammte Hacke, eine Inflation! Das hatten wir ja jetzt schon länger nicht mehr. Hätte ich nur auf die Parameter geachtet, die mir genau das vorausgesagt hätten!“

Die Wahrscheinlichkeiten des Weltgeschehens gehen hier in einander über.

Aktuell kann man etwa viel auf herumnöldene Menschenhorden schauen. Dann denkt man sich: „Oha! Da braut sich etwas zusammen!“ Doch nota bene: Zwischen den Menschen hüpfen Kobolde herum, und sie stolpern über Trolle, etc. Im Endeffekt sind die Ableitungen dadurch selten so exakt, wie sie in der Analyse aussehen. Theorien der Extrapoltion kranken nämlich allgemein daran, dass sie nur eine überschaubare Zahl von Faktoren berücksichtigen.

Da kann man sich ganz sicher sein, dass die neue Badestelle in Dahlhausen geöffnet sein wird und – peng! – schwimmt eine Nixe vorbei, die ihren Barsch Gassi führen muss. Und – schwupp! – hat das Vieh einen Postboten von der DLRG in die Wade gebissen. Das war es mit der Prognose.

Andererseits werden sich Zusammenbrauungen schon irgendwie entladen. Sonst müsste man ja das ganze Brauereigewerbe an den Nagel hängen. Das tun sie aber dann anhand von Sekundärfaktoren. Über jene wieder den Überblick zu behalten, ist echt was für Profis. (Damit meine ich mich.)

Wenn Ihr, meine Leser, also das nächste Mal meint, die Welt ginge unter, sobald der Papst mit einer Panzerarmee in Sibirien einfällt – fragt mich erstmal! Ich weiß nämlich, dass sich da große Dinge ankündigen. Ich weiß aber auch, welche Gegenzauber helfen würden, falls jemand dabei wirklich das Grab eines außerirdischen Gottes stören sollte oder dergleichen.

Bleibt böse!

Euer Tobias, der sehr finstere

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.