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Aufschneider und Könner

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Jetzt spielt es gerade eventuell keine Rolle, dass ich neulich absichtlich in einem Ausschuss saß, wo man Parallelen zu dieser Kolumne erkennen könnte, wenn man unbedingt will. Das gilt nämlich alles ganz allgemein, was ich mir hier mit Zauberei allübelster Sorte ausbaldowert habe.

Also: Ich behaupte, dass es Aufschneider und Könner unter den Erdlingen gibt. Häufig sind diese schwer auseinander zu halten. Unproblematisch sind dabei die Zwerge. Die sagen frei heraus, wenn sie von etwas keinen Plan haben. Die größten Aufschneider wiederum gibt es bei den Kobolden. Der Rest liegt irgendwo dazwischen. Man merke sich dennoch: Es gibt keine Korrelation zwischen Körpergröße und Verlässlichkeit.

Es spielt also keine Rolle, dass zwei Leute, mit denen ich hypothetisch zu tun gehabt haben könnte, beide mittelgroß waren.

Dagegen kann es durchaus als Kriterium für eine Einordnung herangenommen werden, dass ein Aufschneider hin und wieder Begleiter mitnimmt, damit diese Dinge erzählen, die er selbst nicht auf die Kette bekommt. Ein Könner hat so etwas nicht nötig.

Wenn also beispielsweise zwei so typologische Gegenpole am gleichen Ort über ihre Zukunftspläne reden, dann macht der Könner das einfach. Der Aufschneider seinerseits verbirgt sich hinter hohlen Phrasen, und überlässt es dann seinen mitgebrachten Helferlein, in medias res zu gehen. Das hat für den Aufschneider den weiteren Vorteil, dass er beim Misslingen von Projekten später die Schuld ganz einfach auf seinen dafür herbeizitierten Mitarbeiter abwälzen kann.

Solche Mitarbeiter wiederum sind klassischerweise nicht hinreichend helle, um entsprechende Machenschaften zu durchschauen. Tatsache ist, dass viele böse, und manchmal sogar finstere, Tyrannen derartige Typen um sich sammeln. Klassischerweise nimmt man Orks oder Goblins. Manche meiner Mitzauberer basteln sich auch Golems für entsprechende Zwecke. Auf dem Arbeitsmarkt verfügbar sind aktuell aber in großer Zahl Menschen, die entweder komplettes Blech im Kopf haben, manchmal aber auch Fachidioten oder Tiefflieger beim sozialen Verständnis sind.

Entsprechend läuft es bei Zauberern, die sich auf passende Schwachmaten verlassen, die letztlich auch nur sie selbst diskreditieren: Diese Weißwurstliebhaber (da sind überraschend häufig welche dabei) sterben wie die Fliegen, sobald ein unterbelichteter Muskelprotz mit einem Zweihandschwert auftaucht. Und am Ende bekommt man doch nur eine Räumungsklage für seine dunkle Festung.

Nein, diese Aufschneiderei mit integrierter Abwälzerei halte ich wirklich nicht für ein hinreichend effektives Vorgehen! Auch als Zauberer sollte man lieber ein Könner sein, der Gegner jederzeit und überall in kleine rauchende Aschehäufchen verwandeln kann. Ich persönlich setzte dazu höllisch-dämonische Vernichtungszauber ein.

Doch auch unabhängig von magischen Zusammenhngen gilt das Gesamtkonzept. Man kann die Leute danach einordnen. Jemand sitzt auf der Tribühne im Ratssaal herum und schwallert, wie toll er ist: Aufschneider. Jemand berichtet eher notgedrungen von konkreten Strategien und dem Stadium ihrer Umsetzung: Könner.

Neben der Beobachtung der Entourage ist es nämlich auch hilfreich, die wertenden Adjektive in einer Ansprache zu zählen. Je mehr es davon gibt, desto weniger Substanz hat jemand allgemein zu bieten.

Andere Fallbeobachter wollten schon die Aufgetakeltheit zum Unterscheidungskriterium zwischen Könnern und Aufschneidern machen. Davon rate ich allerdings ab. Auch ein Könner kann privat auf Rüschenhemden oder so Gefuddel stehen. Und manche Aufschneider präsentieren ihr Brusthaartoupet, um zu belegen, wie bauarbeiterich sie sind. Es geht aber um den Grund, warum jemand etwas macht.

Es kann sein, dass es für jenen Grund manchmal genauerer Analysen bedarf. Aber je mehr jemand angibt, umso mehr hat er es wahrscheinlich auch nötig.

Bleibt böse!

Euer Tobias, der sehr finstere

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