Start FINANZEN Stadt droht sich bei Wettbürosteuer zu verzocken.

Stadt droht sich bei Wettbürosteuer zu verzocken.

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Die Fraktion „Die PARTEI & STADTGESTALTER“ lehnt die Einführung einer Wettbürosteuer, wie sie von der Verwaltung in der Ratssitzung am 27.05.2021 vorgeschlagen wird, ab. „Eine solche Wettsteuer stellt keinen Beitrag zur Bekämpfung der Spielsucht dar. Die Stadt will nur eine neue Einnahme generieren. Verringert sich die Anzahl der Wettbüros durch Corona und sollte der Verwaltungsaufwand bei der Stadt höher liegen als geplant, könnte das Ganze eine Nullnummer oder gar ein Verlustgeschäft werden“, kritisiert Fraktionsvorsitzender Dr. Volker Steude. Laut der Fraktion „Die PARTEI & STADTGESTALTER“ könne die Steuer zudem auch leicht durch Online-Angebote umgangen werden. „Am Ende muss die Stadt auch moralisch hoch flexibel sein, um von Süchtigen, die eigentlich Hilfe brauchen, noch Geld abzukassieren“, kommentiert Fraktionsvorsitzender Nils-Frederick Brandt von der sehr guten Partei Die PARTEI.

„Der Lenkungseffekt durch eine kommunale Wettsteuer ist kaum vorhanden. In der Nachbarstadt Dortmund hat diese Besteuerung gar keinen Einfluss auf die Anzahl der Wettbüros gehabt. Zudem hat Bochum bereits neue Ansiedlungen von Spielcasinos und Wettbüros in Teilen der Innenstadt untersagt. Über solche Maßnahmen im Planungsrecht lässt sich die Ansiedlung von Wettbüros viel zielgenauer steuern als mit einer neuen Abgabe“, so Dr. Steude.

Die Fraktion „Die PARTEI & STADTGESTALTER“ macht sich stattdessen dafür stark, mehr für Prävention und Hilfsmaßnahmen in Sachen Spielsucht zu unternehmen. „Ein Aufschlag von 3% wird Spielsüchtige eher belasten als ihnen aus der Sucht herauszuhelfen. Statt der Wettbürosteuer wollen wir sozialpolitische Maßnahmen, die Abhängige unterstützen“, so Dr. Steude.

Der formale Ablauf der kommunalen Wettsteuer bringt den Fraktionsvorsitzenden Nils-Frederick Brandt von der sehr guten Partei DIE PARTEI zum Schmunzeln: „Hobbyfotograf*innen aufgepasst! Die Stadt plant, dass zwei neue Mitarbeiter*innen die Inneneinrichtung aller Wettbüros in Bochum fotografieren. Kein Witz, denn die Wettsteuer darf nur in genau den Wettbüros kassiert werden, die Wetten vor Ort annehmen und entsprechende Sportereignisse in ihren Räumlichkeiten auch übertragen.“

„In Wettbüros, in denen keine Fernseher stehen, müssen keine Steuern bezahlt werden. Offensichtlich hat die Verwaltung noch nicht davon gehört, dass mittlerweile Alles per Streaming auf dem Smartphone oder Tablet angeschaut werden kann. Statt auf den Fernseher des Wettbüros schaut man dann zusammen aufs eigene iPad und spart sich die 3%. Ganz gewiefte Sparfüchs*innen platzieren per Weltneuheit Internet ihre Wette gleich online von zu Hause auf den Webseiten der Wettanbieter.“

„Vermeidungseffekte muss man durchaus ernst nehmen“, sagt Dr. Steude. „Bei 20 in Frage kommenden Wettbüros errechnet die Stadt zusätzliche Einnahmen durch die Wettsteuer von 250.000 EUR pro Jahr. Für die Verwaltungskosten kalkuliert die Stadt einen Aufwand von 155.000 EUR im Jahr. Sollte die Anzahl der Wettbüros in Folge von Corona sinken, die Leute in erheblicher Anzahl ins Internet ausweichen und der Verwaltungsaufwand über die geplanten Summen hinaus steigen, dann bleibt unterm Strich nichts für die Stadtkasse über. Kostensteigerungen sind bei der Stadt ja eigentlich schon zu erwarten“, kritisiert Ökonom Dr. Steude.

Die Fraktion „Die PARTEI & STADTGESTALTER sieht aber auch rechtliche Probleme. „Der Bund erhebt bereits eine Steuer auf den Wetteinsatz von 5%. Wenn nun auch Kommunen eine Steuer auf den Wetteinsatz verlangen, könnte dies verfassungswidrig sein. Zweimal dieselbe Steuer kann nicht erhoben werde. Ein Richterspruch dazu wird noch in diesem Jahr erwartet. Auch Befürworter der Wettbürosteuer in Bochum sollten abwarten, bis diese Frage letztinstanzlich geklärt ist“, so Dr. Steude.

„Am Ende aber noch eine gute Nachricht. Die Stadt selbst verzockt ihr Geld ja nicht im Wettbüro, sondern ganz günstig durch Fremdwährungsgeschäfte in der Schweiz, in RWE-Aktien und in der STEAG. Und das Wettsteuerfrei. ‚Alles auf Rot‘, würde man am Roulettetisch sagen. Zwinkersmiley“, so Brandt mit Blick auf die sPD-Verantwortlichen.

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